Bei allen Plänen und Projekten, die eine Gebiet des Netzes “Natura 2000”, also ein Besonderes Schutzgebiet gemäß Vogelschutz-Richtlinie (Vogelschutzgebiet) oder gemäß FFH-Richtlinie (FFH-Gebiet) erheblich beeinträchtigen können, ist die Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen gem. § 33/34 Bundesnaturschutzgesetz erforderlich.

Die FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgt in bis zu drei Schritten.

Im ersten Schritt wird die räumliche Überschneidung von Wirkbereich des Vorhabens und potenziell betroffenen, angrenzenden Schutzgebiet(en) geprüft. Ist keine Überschneidung von Wirkbereich und Schutzgebiet(en) gegeben, ist die Verträglichkeit nachgewiesen und stellt das abschließende Prüfergebnis dar.

Bei Überschneidung von Wirkbereich und Schutzgebiet(en) wird im zweiten Schritt die Beeinträchtigung der Erhaltungsziele ermittelt. Zentrale Frage ist, ob ein Projekt oder Plan zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Prüfgegenstand einer FFH-VP sind somit die:

  • Lebensräume nach Anhang I FFH-RL einschließlich ihrer charakteristischen Arten
  • Arten nach Anhang II FFH-RL bzw. Vogelarten nach Anhang I und Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-Richtlinie einschließlich ihrer Habitate bzw. Standorte sowie
  • biotische und abiotische Standortfaktoren, räumlich-funktionale Beziehungen, Strukturen, gebietsspezifische Funktionen oder Besonderheiten, die für die o.g. Lebensräume und Arten von Bedeutung sind.

Sollten keine erheblichen Beeinträchtigungen festgestellt werden, ist die Verträglichkeit nachgewiesen und stellt das abschließende Prüfergebnis dar.

Bei Beeinträchtigung der Erhaltungsziele wird im dritten Schritt die Möglichkeit der Umsetzung des Vorhabens durch Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhanges des Europäischen ökologischen Netzes “Natura 2000” geprüft. Hierzu ist dann der Bedarf für das Vorhaben das zwingende überwiegende öffentliche Interesse und die Unzumutbarkeit aller Alternativen nachzuweisen.

Beispiel KV-Terminal Lübeck:

Im Zusammenhang mit dem FFH-Gebiet “Traveförde” in Lübeck bestand im Bereich Borndiek bereits vor vielen Jahren ein Vorkommen der nach Anhang II FFH-Richtlinie zu schützenden Bauchigen Windelschnecke (Vertigo moulinsiana) in einem Gewässerröhricht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung von BBS im Rahmen der Hafenerweiterung von Lübeck ergab, dass durch den Bau eines KV-Terminals zum Verladen von Gütern vom Schiff auf die Schiene dieses Biotop erheblich beeinträchtigt werden könnte. Nach Nachweis des zwingenden überwiegenden öffentlichen Interesses und Prüfung möglicher Alternativen konnte das Projekt dadurch realisiert werden, dass Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhanges des Europäischen ökologischen Netzes “Natura 2000” durchgeführt wurden. Es wurde ein vergleichbares Biotop in einer Kiesgrube geschaffen, in das die Schnecken vor Projektbeginn umgesetzt wurden.

Aktuell wird die FFH-Verträglichkeit für eine Vielzahl von Projekten vom Lehmannkai in Lübeck über die Seebrücke Timmendorfer Strand an der Ostsee bis zu B-Plänen z.B. auf Fehmarn überprüft. Häufig wird heute auch die FFH-Verträglichkeit parallel zu einem Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie geprüft, da viele Fließgewässer und Küstengewässer sowohl als Wasserkörper als auch als Schutzgebiet bei der EU gemeldet sind.